Ein einziger Dschungel
Das Dschungel-Camp läuft mal wieder.
Und keiner schaut’s. Stellt sich nur die Frage nach den doch recht ansehnlichen Zuschauerquoten. Also ICH oute mich jetzt mal: Bereits zum zweiten Mal schaue ich mir dieses Format in vollem Bewußtsein dessen, was ich da tue, an und habe Spaß dabei. Ähnlich wie bei einem Film geht es mir dabei so: Wenn ich die Staffel nicht vom allerersten Mal verfolgt habe, habe ich auch keine Lust darauf. Deswegen erst das 2. Mal. Das erste Mal hat mir damals Melanie Müller den Januar erwärmt – von der ich vorher allerdings noch nie gehört hatte, genau so wenig wie von allen anderen mit Ausnahme von Rainer Langhans, dem Kommunarden, dessentwegen ich damals überhaupt erst eingeschaltet hatte! Doch dann ist er aufgrund unauffälligen, fairen und besonnenen Auftretens wegen recht schnell wieder aus dem Dschungel entlassen worden. Genau wie Fräulein Menke dieses Mal. Da jedoch hatte mich das Dschungelfieber bereits infiziert, und ich MUSSTE diese Staffel bis zum Ende verfolgen. Ich habe mitgelitten, mitgefiebert, mich mitgeekelt und geschimpft. Über die Lästerer, die Stänkerer, die Bösartigen, die Dummen. Und dennoch gleichzeitig alle miteinander beneidet um die Möglichkeit, im schmuddeligen deutschen Winter 2 Wochen im herrlichen australischen Busch verbringen zu dürfen – wenn da nur all die saublöden und teilweise ekelerregenden „Dschungelprüfungen“ nicht wären. Bei jeder einzelnen, die die Teilnehmer in dieser aktuellen Staffel bisher absolvieren mussten, hätte ich ABER SOWAS VON gepasst! Lebende Würmer essen, Kakerlaken und Spinnen auf mir rumkrabbeln lassen, in Innereien rumwühlen auf der Suche nach einem Stern, der der Gruppe Essen verspricht – NO WAY!!! Selbst 180 000 € - das nach Informationen des Muttersenders höchste diesjährige Honorar für Gina-Lisa – würden mich nicht dazu bringen können, in ein Loch in der Wand zu greifen, ohne zu wissen, welches einheimische oder ausländische Tier sich dahinter verbirgt (eine Riesen-Spinne? Eine Echse? Viele Schlangen? Skorpione? Ein Waran???)
Gina-Lisa. Mein diesjähriger Grund, dieses Format einzuschalten. Leider hat sie enttäuscht, zumindest was die Erwartungen, die ich in sie gesetzt hatte, betrifft. Sie stammt aus dem hessischen Dorf, das ich seit nunmehr fast 20 Jahren meine Heimat nenne – das allein war Grund genug, ihren Werdegang seit den Anfängen bei GNTM sporadisch zu verfolgen. Immer wieder mehr als genug Grund zum Fremdschämen!! Und genau deswegen die Erwartungshaltung, von ihr dämliches, aufgeblasenes, hirnloses Gequatsche, laut, bunt und quiekend, präsentiert zu bekommen. Statt dessen überrascht sie als ausgesprochen sympathische junge Frau, die ganz offensichtlich eine traumatische Zeit hinter sich gebracht hat und hofft, diese auch hinter sich lassen zu können. Ruhig und besonnen, flirtet sie hier und da – erstaunlicherweise NICHT oder doch kaum mit ihrem ebenfalls erstaunlicherweise angenehmen Ex Marc Terenci! – gibt das Ein oder Andere von sich preis und ist ansonsten auffällig unauffällig. Die Rolle der hirnlosen und intellektfreien Silikontante hat statt dessen Kader Loth eingenommen – und zwar mit Bravour! Wer Lust hat auf übellaunige, maulige, ständig reizbare Null-Raff-Unterhaltung, hat mit ihr den Hauptgewinn gezogen! Ja, so sei sie eben, die Kader und ja, ein wenig überziehe sie die Sache schon mit der Naivität im Sinne der Quote mit Blick auf die „Dschungel-Krone“ - so wird von Kader-Loth-Kennern kolportiert. Hut ab – ICH nehme ihr die Dummheit, die aus den gestrafften Poren quillt, voll ab. Volle Lotte! Dann muss sie jedenfalls eine begnadete Schauspielerin sein, die ihre Rolle durchzieht, 24 Stunden, über 2 Wochen. Respekt.
Eigentlich ziemlich armselig, über Menschen, die aus Geldnot oder Geltungssucht in einen Käfig steigen, um sich von medialen Zoobesuchern für über zwei Wochen begaffen zu lassen, herzuziehen und ein Urteil zu fällen. Oder? Aber warum auch nicht; sollten diese Zoo-Menschen so etwas vermeiden wollen, hätten sie nicht in den Dschungel ziehen dürfen. Mein Mann behauptet ja immer, dafür gäbe es von vorn bis hinten ein Drehbuch und meine Tochter gar, das würde in einer Halle bei Köln gedreht…Dabei braucht es doch kaum Anreiz, aufeinander loszugehen, wenn man, aus der ‚Zivilisation‘ kommend und noch nie auch nur ansatzweise Hunger erfahren hat und immer ein Dach über dem Kopf hatte, plötzlich ausgesetzt wird mit lauter wildfremden Menschen, Rampensäuen, Wichtigtuern, Besserwissern, psychisch Kranken (davon gibt’s dieses Mal definitiv nicht nur die eine Diagnostizierte!) über einen schier endlosen Zeitraum von über 2 Wochen (das ist für normale Menschen das übliche Maß ihres Jahresurlaubs! Zumindest in Deutschland; andernorts gibt’s deutlich weniger) und sich mit ihnen irgendwie arrangieren muss – ausgehungert, gereizt, von der Wildnis genervt, von den Marotten der anderen ebenso wie von den scheinbar willkürlichen Entscheidungen der Zuschauer, den Zigarettenzuteilungen (als ehemaliger Raucher für mich eine unvorstellbare Folter!), den Strapazen der Dschungelprüfungen ausgesetzt wie des vmtl. nicht allzu erholsamen Schlafs. Wozu also ein Drehbuch? Schön übrigens, wie offensiv die Autoren und Moderatoren mit solcherlei Geklatsch umgehen: Nach der Schlagzeile über Sonja Zietlows unbewegliche Miene soll sie doch tatsächlich gekontert haben, ja, klar lasse sie ab und an mal was machen… DAS ist doch mal eine Ansage! Gut, weder Gina-Lisa, noch Kader Loth und schon gar nicht „It-Boy“ Florian Wie-auch-Immer könnten ernsthaft abstreiten, „etwas machen lassen“ zu haben – bei Frau Zietlow ist es nicht ganz so offensichtlich, spricht aber auf jeden Fall für sie, wenn sie dazu steht.
Was ist eigentlich ein „It-Boy“? Und was macht ihn dazu? Reichen da ein paar Hyaloron-Injektionen oder braucht es ein Verhältnis mit einem homosexuellen Semi-Promi? Oder reicht die Tatsache, der Sohn eines zweifelhaften Z-Promis zu sein?? Noch mehr Fragen…
Nicht, dass mich solcherlei Fragen quälen würden, aber manchmal macht man sich halt doch so seine Gedanken über den Lauf der Welt und was alles hätte wie anders laufen können, wenn es all die Möglichkeiten, die das heutige moderne multi-mediale Leben bietet, in der eigenen Jugend schon gegeben hätte… vielleicht wäre ich ja you-tuberin geworden? Zu können scheint man da ja nix zu müssen, gut aussehen, mit den – falschen – Wimpern klimpern und inhaltsleeren Kram von sich geben (so was wie Schminktipps!!!) scheint ausreichend zu sein, um millionenschwere Werbeverträge zu bekommen. Mann – DAS verdient meinen echten Respekt! Ohne irgendwelche ersichtlichen Qualifikationen Hunderttausende verdienen, wer wünscht sich das nicht?!
Das Schlimme – oder vielleicht eher: Das Erstaunliche - dabei: Es funktioniert ja ganz offensichtlich. Meine Tochter (14 Jahre!) hat so viel Schminkkram, wie ich in meinem ganzen Leben weder benutzt noch gekauft habe! Und ich bin alt genug, um mich schon einige Jahrzehnte schminken zu können! Ähnlich wie die Pharma-Industrie erfindet auch die Kosmetik-Industrie ständig neue Probleme, die kaschiert werden müssen und Produkte, ohne die die moderne Frau auf keinen Fall mehr leben kann. Daß die Produkte u.U. die Probleme erst auslösen könnten – soweit können die Kids scheinbar nicht denken. Aber Patienten nehmen ja auch weiter die Medikamente, die ihnen verschrieben werden, um die Nebenwirkungen, die andere Medikamente verursachen, zu bekämpfen. So lange das SO läuft, jubelt die Industrie, und die Patienten werden kränker. Hauptsache, sie sterben nicht – denn mit Toten lässt sich ja kein Geld mehr verdienen! Das hört sich ein wenig nach Verschwörungstheorie an, ich räume es ein, aber es bleibt eine Tatsache, daß die Geldgier größer ist als die Vernunft. Reduzieren wir es einfach auf diese Formel.
Zurück zum Dschungel: nur wenig mehr als zwei Tage sind vergangen, seit diese Zeilen von mir niedergeschrieben wurden, und doch ist seither so viel passiert: Rausgeflogen sind neben Frl. Menke Markus Selbst-ernannter-Psycho-Experte (zum Glück), die hübsche Kleine, an deren Namen ich mich nicht mal erinnere (zu Recht) und sogar Sarah Ich-zeig-alles-was-ich-zu-bieten-habe (zu meinem größten Erstaunen). Die Symphatien für die Camper haben sich verschoben – immer schwieriger wird es für sie, eine Maske zur Schau zu stellen und immer interessanter, ihnen bei dem Versuch zuzuschauen. Ohne weiter in’s Detail zu gehen (das wird für nicht-Dschungel-Fans sicher ziemlich langweilig), muss ich doch festhalten, daß ich mich immer wieder frage, wie es wohl den Moderatoren an Stelle der ‚Insassen‘ erginge. Bösartige Bemerkungen, wenn auch tw. rhetorische Kunstwerke, und sich lustig machen über Schwächen und Missgeschicke der Teilnehmer von denen, die weder eine einzige Kakerlake auf ihrer Haut spüren müssen noch die widerwärtigsten Dinge schlucken, sondern vielmehr nach ihrer kurzen Moderation zurück in’s 5-Sterne-Hotel dürfen, ist nicht gerade ruhmreich. Klar – für die Texte kann das Moderatorenteam wenig, dafür sind Profis da (zumindest macht es diesen Eindruck); dennoch halten diese beiden ihre Gesichter in die Kamera und lästern was das Zeug hält. Und ICH bin daran schuld – schließlich schaue ich mir diese Unterschichten-Unterhaltung an. Immerhin konnte ich mich bisher immer noch zurückhalten, dort anzurufen. Darauf bin ich schon ein wenig stolz – denn wie gesagt, man fiebert mit und denkt sich: Also, wenn der Marc die Krone nicht kriegt, schaue ich nie wieder RTL!
Nie wieder.
Eu’re Mucki Mutti