Freitag, 20. Januar 2017
Generation Facebook
Ich schreibe gern.
Schon immer. In meinen Aufsätzen hatte ich meist Einsen: Ausdruck, Inhalt, Rechtschreibung, Grammatik und sogar Form: eine Eins. Bis auf dieses eine Mal, als meine Lehrerin meinte, mir eine „Drei“ geben zu müssen, um mich zu motivieren, mich in der Prüfung ordentlich anzustrengen, meine gewohnte Eins zu bekommen. Das war meine Lieblingslehrerin. Aber dieses ihr Ansinnen verstand ich nicht – und verstehe es nicht bis zu heutigen Tag. Ich habe mich IMMER angestrengt, im Rahmen meiner Möglichkeiten jeweils maximal. Dass dies in der Pubertät keine 100 Prozent sind, war damals schon so. Aber anders als meine Mitschüler, die ihre schulischen Aktivitäten auf unter 50 % zurückgefahren haben in dieser Zeit, war ich immer noch bei… sagen wir mal, 80 %. Oder 82, 83, je nach Unterrichtsfach. Ich war schon immer außerordentlich pflichtbewusst. So etwas wie „strategisches Schwänzen“ wäre mir nie in den Sinn gekommen. Niemals! Ich wäre eher wie dieser mittelhessische Junge nachts um 4 Uhr losgelaufen, um bei Schnee und Eis einen 15-km-Schulweg zu bewältigen, um pünktlich in der Schule zu sein, nur weil die Mutter am Abend einen Streit mit dem Satz beendete: „Sieh‘ zu ,wie Du morgen früh zur Schule kommst!“ MEINEN Sohn hätte dieser Satz nicht nur kalt gelassen, er wäre sogar am Morgen mit Freude einfach liegengeblieben mit der Begründung: DU wolltest mich doch nicht zur Schule fahren. Also wäre es am Ende MEINE Schuld gewesen, wenn er zu faul und/oder unfähig gewesen wäre, sich eine Mitfahrgelegenheit zu organisieren oder eine Alternative zum üblichen Schulweg. Improvisation gehört sowieso nicht zu seinen Stärken, aber daraus kann man ihm keinen Vorwurf machen – er ist es eben gewohnt, dass man (damit meine ich seinen Vater und mich) ihm sein Leben so angenehm wie möglich gestaltet, aber das ist eine andere, laaange Geschichte.
Natürlich gehört zum guten Ton eines Aufsatzes, ihn nicht mit „Ich…“ zu beginnen. Aber all die guten Tipps, die ich in Bezug auf Blogs im Internet gefunden habe (kurz und bündig, einfache Ausdrucksweise, Schachtelsätze vermeiden, Füllwörter und überflüssige Adjektive meiden; ich LIEBE Adjektive, überflüssige um so mehr, und auch das gute alte Semikolon! – eben alles Dinge, die auch für Printmedien und eben auch für Aufsätze gelten) kann ich nicht. Ihr werdet es sehen. Was mich im Übrigen fassungslos hinterlässt:
Es gibt Menschen, die ihren Tag mit dem Lesen von Blogs – also Ergüssen völliger literarischer Laien ohne erkennbare Qualifizierung im Internet – verbringen?! Mein Spam-Ordner ist voll von teilweise recht interessanter Werbung, die ich nicht weglösche, weil ich denke: irgendwann habe ich mal Zeit, mir das durchzulesen. Diese Zeit kommt nie, mein Spam-Ordner ist voll und ich muss ihn dann doch leeren von all dem ungelesenen, interessanten Zeugs. Um erneut interessante und personalisierte Werbung zu bekommen, die ich dann mangels Gelegenheiten doch wieder löschen muss.
Das erklärt jedenfalls die Unsitte der jungen Generation, das Handy in jedem Moment einsatzbereit in der Hand zu tragen und es bei jeder sich bietenden Gelegenheit auch tatsächlich zu nutzen! Mich als Mitglied der Generation Facebook irritiert das: Kein Blickkontakt, kein Lächeln, kein menschlicher Kontakt, selbst wenn man ganz real im Supermarkt an der Kasse steht oder im Bus sitzt und nicht im ungelüfteten Keller mit Stapeln von halbleeren Pizzaboxen und Energie-Drink-Büchsen, das Gesicht – und nur das Gesicht! - erleuchtet vom Schein des hellblauen Lichts, das aus dem Bildschirm strahlt, die fahle Hautfarbe des Users betonend und eingetaucht in die Scheinwelt der Virtual Reality. Reale Menschen also in der realen Welt und doch im Geiste nicht anwesend – das ist schon gruselig für jemanden, der als Kind noch auf Bäume geklettert und mit einer Glasscherbe im Knie nach Hause gekommen ist.
Also, wie ist das jetzt: Ist diese ganze Blogger-Geschichte interaktiv? Soll heißen: Bekomme ich da Feedbacks von Lesern? Und sind die Leser am Ende „Follower“? Wie richte ich überhaupt so einen Blog ein? Liest das dann wirklich jemand? Und wenn ja, warum? Wie oft schreibt man so seinen Blog – täglich, einmal in der Woche, jedesmal, wenn man einen interessanten Gedanken hat? Wird dieser spezielle Blog dann von seinen Lesern abonniert und ertönt dann jedes mal, wenn ich die „Senden“-Taste (oder was-auch-immer dann zu tun ist) drücke, ein leises „Ding-Dong“ auf seinem Computer? Oder kann man das Ding-Dong gar umleiten auf’s Handy? Gehen einem möglicherweise irgendwann die Themen aus, über die man sich Gedanken machen könnte?
Ich kenne niemanden, den ich fragen könnte. Vielleicht, wenn es darum geht, die Festplatte zu reinigen (meinen Sohn mit viel Geduld, nachhaltigen Bitten und eventuell der ein oder anderen Drohung); oder meine Tochter bei Schminkfragen, die nur per you-tube-Video und ausschließlich von DIESER EINEN Schminktante beantwortet werden können - aber zum Betrieb einer Seite, die sich „Blog“ nennt? Nein, niemanden. Wieso heißt das eigentlich so? Was bedeutet das? Leo.de behauptet, das sei das „Internettagebuch“. Ja, gut. Aber warum heißt das so? Offensichtlich gab es diesen Begriff pre-internetial noch nicht. Wer also hat das „Internettagebuch“ Blog genannt und warum? Und wieso eigentlich „weblog“. Müsste es nicht korrekterweise „web-Blog“ , also „webblog“ heißen? Wo ist das zweite „b“ geblieben? Ist es SO nicht ein „we-Blog“? Und überhaupt: welches ist der richtige Artikel? „Der“ oder „das“ Blog? Ich habe beide Varianten schon gelesen. Kann man sich da mal bitte einigen?!
Fragen über Fragen.
Auf jeden Fall hat mich Blogger.de mit offenen Armen empfangen und mich unkompliziert, auch für Technik-Laien und Muttis wie mich ohne größeres Haareraufen machbar eine Seite einrichten lassen – ganz und gar keine Selbstverständlichkeit im online-blog-Dschungel! Danke dafür! – und ich bin ja mal gespannt, wie es weitergeht!
Eu‘re Mucki Mutti. (eine Sonja Sonnenschein scheint’s bedauerlicherweise schon zu geben!!)